Retzi, Illusion und Dunedin haben Interesse an einer Figurenkritik zum Teutonic Knight nach historischen Erkenntnissen angemeldet. Auch wenn die Bilder rausgenommen wurden und der Autor nicht mehr unter uns weilt (ich meine im Forum

), brennt es mir seit Wochen auf den Nägel, etwas dazu zu schreiben.
Teutonic Knight. Schon der Name lässt meine Nackenhaare sich aufstellen. Es ist ein Ritter des Deutschen Ordens. Ich finde eine grundsätzlich schöne Figur, aber mit groben historischen Fehlern. Wir wollen niemanden die Figur madig machen. Wems gefällt, no problem damit! Aber: Kein Mensch würde einen Wehrmachts-Landser des 2. Weltkrieges mit Pickelhaube herausbringen, mit Vorderladergewehr, Laserpistole oder mit Nike-Turnschuhen. Warum macht dann ein Hersteller bei einer mittelalterlichen Figur solche Schnitzer? Es gibt wahrlich genügend Belege und Sekundärliteratur dazu.
Ich habe mich mit Pee Wee darüber in den PN ausgetauscht. Wir beide widmen uns im Reenactment-Hobby der Darstellung in einem geistlichen Ritter Orden. Wir haben also Ahnung von der Materie. Aber ich kam dann wegen der Bolivienreise nicht mehr dazu, sie zu posten. Da aber von euch her grundsätzlich Interesse besteht und wir uns schon die Mühe gemacht haben, posten wir sie hier und jetzt.
Es ist ein Ritter des Deutschen Ordens. Gegründet am Ende des 12. Jahrhunderts, um 1190. Die Figur hat Elemente an sich, die bis ins 15. oder gar 16. Jahrhundert weisen. Eine lange Zeit. Welche Epoche soll er nun darstellen?
Pee Wee ist grundsätzlich über Details der Gewandung und des Ordenslebens grundlegender informiert, als ich. Daher stelle ich ihre Gedanken an den Anfang:
Zuerst müsste man wissen, welche Zeit angedacht war. So wie dieser Mensch angezogen ist, ist er tatsächlich sehr epochen-übergreifend. Sozusagen 400 Jahre Rüstungsgeschichte in einer Person...
Die Stiefel gab es mit Sicherheit so nie!
Der Gambeson wäre zeitabhängig; zur Anfangszeit gab es aber keine mit Schnürung vorne (zumindest gibt es keine Belege).
Das Kettenhemd hat auf alle Fälle zu kurze Ärmel, die gingen im Regelfall bis zum Handgelenk. Außerdem waren, zumindest in der Anfangszeit des Ordens, Kettenhaube und Handschuhe fest mit dem Körperteil verbunden, nicht einzeln.
Was die Plattenteile angeht: die wären dann halt wieder zeitabhängig. Auf keinen Fall passen der große Normannenschild und die Plattenhandschuhe in die gleiche Zeit. Zur Zeit der Plattenteile waren Normannenschilde längstens sowas von out!
Der Helm... Schwierig. Es gibt Abbildungen davon, aber ich zweifele, ob das im Ordenskontext möglich gewesen sein könnte. Ich persönlich halte es für unwahrscheinlich (es gab ein "Prunkverbot" für Ordensritter). Aber darüber streiten wir gerade in einem anderen Mittelalter-Forum ohne wesentliche Ergebnisse. Die Quellenlage ist einfach zu dünn...
Das Schwert finde ich nicht so dolle, zu wuchtig, das Parier passt auch nicht wirklich.
Die Schwertscheide ist ganz nett gemacht, wenn auch nicht ganz korrekt (das wäre aber auf hohem Niveau gemeckert).
Schnürchen am Waffenrock? Eher nicht... Wozu? Darin würde sich alles Mögliche verheddern, macht keinen Sinn.
Mantel mit Pelzkragen? Never!!! Schon gar nicht zur Rüstung!
Pelz war den Ordensritter grundsätzlich verboten (auch den Templern und anderen). Einzig erlaubt war Schaf.
Den Mantel hätte man kaum zur Rüstung getragen. Es war mehr ein liturgisches Kleidungsstück, dass im Ordenshaus zur Messe etc. getragen wurde. Der Mantel war das absolut wichtigste Kleidungsstück eines Ordensritters, er würde damit mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in den Kampf gezogen sein.
Es gibt aus dieser Serie ja auch einige Tempelritter. Die kämen bei einer Bewertung ähnlich schlecht weg. Der Hospitaliter-Bruder ist da schon wesentlich besser gelungen.
Soweit Pee Wee.
Meine (Huberts) Gedanken zur Figur und der Szenerie, die mit dem "Teutonic Knight" gestaltet wurde:
Das Schwert ist kein Einhänder. Zu lang, zu breit. So locker würde er es nicht im Kampf mit einer Hand führen können. Es ist mindestens ein Anderthalbhänder. Sehr original ist es auch nicht. Ich denke, es ist mit der Ornamentik pure Fantasy. Das würde mich an der Figur am meisten stören. Zu dem Wunsch, dass es schartig, dreckig, rostig und gar noch blutverschmiert sein soll: Die haben ihre Waffen tipp topp gepflegt und in Schuss gehalten. Das ist ein Ordensritter, nicht Conan der Barbar. Der wollte seinem Orden und Jesus Christus keine Schande machen.
In die selbe Argumentationsreihe gehören für mich der Helm, Pelz, Stiefel, der Spartakus für Arme - uuund die Frau.
Was macht eine Frau bei einem Großmeister eines geistlichen Ritterordens? Seine Schwester? *grins* Das ist doch eher ein Setting aus dem neuesten Robin Hood Film oder polnisch-tschechischen Abenteuer Streifen.
Der Topfhelm mit angenieteter Helmzier. So was gab es zwar. Ob ein Großmeister Zierrat trug? Noch dazu Hörner

Belege gibt es nicht. Ich seh bei Actionfiguren-Ordensritter immer wieder die Pelze. Die sollten sie allein aus Gründen des Armutsgelübdes/Pelzverbot nicht haben.
Kerzen, zu der Zeit sehr teuer. Brauchbar waren sie nur aus Bienenwachs und dann meist nur zum religiösen/liturgischen Gebrauch. Kerzen aus anderen Materialien - meist Fetten und Unschlitt - waren noch zur Zeit Goethes rußig, stinkig und fast unbrauchbar. Der Dichterfürst lässt sich furchtbar negativ zu diesem Beleuchtungsmittel aus. Erst im 19. Jahrhundert werden andere Stoffe für Kerzen entwickelt, die Kerzen zu einem angenehmen und heute oft romantisch gesehenen Leuchtkörper machen. Ob ein Ordensmeister Bienenwachs-Kerzen auf dem Nachttischchen hatte? Pee Wee meint, dass in den Ordensregeln geschrieben steht, dass des Nachts eine Beleuchtungsquelle zu brennen hatte. Welche war es? Ein Kienspan? Eine Öllampe? Oder doch eine Wachskerze?
Zum Dobermann: Sieht in dem Setting stimmig aus. Klasse! Aber der Dobermann - Dr. Wikipedia hilft - erhielt seinen Namen durch seinen ersten bekannten Züchter, dem aus Apolda stammenden Friedrich Louis Dobermann (1834–1894). Zur Zucht paarte er seine Lieblingshündin, die mausgraue „Schnuppe“, mit dem Hund vom Fleischer. Beide waren Mischlinge und somit gabs auch keine verwandte Vorgänger-Rasse.
Zusammenfassung: Ich finde eine schöne Figur, aber so aus der Box kann man sie unter historischem Blick nicht stehen lassen, sondern muss an den genannten Stellen Hand anlegen. Dafür ist sie dann doch recht teuer.