Während der Hexer immer noch leicht resigniert darüber grübelte, wie das Einhorn wohl die Feuersbrunst im Kamin überstehen konnte, hatte Charlotte das Pferdchen auf den Boden gestellt und machte sich daran, einen Zauber zu aktivieren.
Geralt war wie immer skeptisch. „Ich nehme an, du kennst dich damit aus?“
Die Zauberin schaute ihn zwar grimmig an, war sich ihrer Sache aber scheinbar nicht ganz sicher.
„Artefaktenkompression. Eigentlich nicht schwierig. Aber das Dekomprimieren von Dingen, die man nicht selber verzaubert hat, ist nicht immer ganz einfach...“
„Wollen wir es nicht lieber lassen? Das Ding gehört eigentlich Yen, weißt du. Wenn sie heraus kriegt, dass du... “
Sie schüttelte energisch den Kopf. „Auf gar keinen Fall! Ich lasse mir diese Gelegenheit nicht entgehen. Tritt mal ein Stück zurück, für alle Fälle.“
Geralt machte resigniert Platz und die Zauberin begann, einen Zauberspruch zu formen. Blaue Flammen züngelten empor. Sie bündelte die Energie und richtete sie dann auf das kleine Einhorn zu ihren Füßen.
Es knisterte und zischte, roch ein wenig nach angesengten Pferdehaaren, aber es klappte!
Nach kürzester Zeit war das kleine Einhorn verschwunden und statt dessen?
„Ooooh, Geralt! Sieh nur!!!“ Charlotte war völlig aus dem Häuschen. „Sieh nur, es hat funktioniert! Es ist wunderschön, findest du nicht?!“
Der Hexer behielt seine Meinung für sich. Aber er konnte partout nicht nachvollziehen, warum nahezu alle Zauberinnen so verrückt nach Einhörnern waren. Und nichts anderes stand in voller Lebensgröße in der guten Stube, begeistert umkreist von der völlig verzückten Charlotte. Das es sich lediglich um ein ausgestopftes Exemplar handelte, schien ihrer Freude keinen Abbruch zu tun.
Die Zauberin streichelte immer wieder das seidige Fell des Einhorns (dass es stellenweise schon etwas ramponiert war, schien sie nicht zu stören). „Geralt, schau, es ist so herrlich weich und wunderschön!“
„Ich bin auch herrlich weich und wunderschön!“, grummelte es hinter dem Einhorn, und der Graukopf des Hexers tauchte über dessen Rücken hervor. „Willst du nun den Rest der Nacht an dem Motten-Zossen herumfingern oder hatten wir noch was anderes vor?!“
Charlotte grinste schelmisch. „Du hast Recht, da war ja noch was...“, gurrte sie.
Ein kleiner Wisch, ein kurzer Zauber, und...
„Und jetzt?!“
„Na komm schon hoch, ich helfe dir. Aber sei vorsichtig, ich will nicht runter fallen!“